Vom 12. bis 14. November fand eine Bildungsfahrt für Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe nach Niederbronn-les-Bains und in die Partnerstadt Bouxwiller statt, die von der Joachim-Schumann-Schule in Zusammenarbeit mit der Stadt organisiert und durch EU-Mittel finanziert wurde. Die entsprechenden Fördermittel hatten das Babenhäuser Büro für Erinnerungskultur und die Rathausstabsstelle JUGEND, SPORT & KULTUR bereits im vergangenen Jahr erfolgreich beim „Deutsch-französischen Bürgerfonds“ in Berlin beantragt. An der Fahrt nahmen 33 Schülerinnen und Schüler teil. Ziel der Fahrt ins Elsass war es, die deutsch-französische Vergangenheit zu beleuchten und die Erinnerungskultur zu fördern sowie die deutsch-französische Freundschaft zu stärken, insbesondere im Hinblick auf das 40-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen Babenhausen und Bouxwiller.
Im Fokus standen dabei die Auseinandersetzung mit historischen Ereignissen, denn die heutigen deutsch-französischen Beziehungen sind das Ergebnis der Bemühungen um Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich nach dem 2. Weltkrieg, aber auch der Austausch mit den Menschen in Bouxwiller und das Knüpfen neuer Kontakte zwischen den Lehrkräften und Jugendlichen beider Städte.
Ein Reisebericht - Tag 1: Ankommen und Erinnern
Unsere Reise begann um 10:00 Uhr mit der Abfahrt von der Offenen Schule Babenhausen. Gegen 13:00 Uhr erreichten wir die internationale Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte „Albert Schweitzer“ in Niederbronn-les-Bains. Nach der Begrüßung durch den Hausverwalter, wurden wir in einem kurzen Vortrag mit der Geschichte und Arbeit des „Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“ vertraut gemacht, der sich für die Pflege und den Erhalt von Kriegsgräbern im Ausland sowie die Vermittlung von Erinnerungskultur engagiert. Hier werden u.a. Erinnerungen von Angehörigen der Kriegstoten gesammelt und damit Geschichte ganz nah und anschaulich vermittelt. Anschließend bezogen wir unsere Zimmer und orientierten uns im Haus und auf der Anlage.
Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen der Erinnerung: Auf dem nahegelegenen Soldatenfriedhof lernten wir mehr über die Kriegsgräberstätte und ihre Bedeutung als Mahnmal für den Frieden. In Gruppenarbeit erkundeten wir den Friedhof und einzelne Gräber und präsentierten die Geschichten der Gefallenen. Trotz der Kälte war dies eine bleibende und sehr lehrreiche Erfahrung.
Nach einem gemeinsamen Abendessen kamen wir nochmals im Seminarraum zusammen, um den Ablauf des nächsten Tages zu besprechen und um das Erlebte zu reflektieren. Den Tag ließen wir schließlich mit einem Spieleabend ausklingen.
Tag 2: Geschichte begreifen und einordnen
Nach einem frühen Frühstück um 7:30 Uhr führte uns eine fast 2-stündige Busfahrt in die Vogesen zum ehemaligen Konzentrationslager Natzweiler-Struthof. Von 1941 bis 1945 wurden 52.000 Deportierte aus mehr als 30 verschiedenen Nationalitäten nach Natzweiler und in die Außenlager deportiert, die allermeisten Widerständler. 17.000 von ihnen kamen hier ums Leben. In der winterlich-nebelverhangenen Landschaft lag das ehemalige KZ-Gelände in bedrückender Stille vor uns. Nach einer Einführung durch eine sehr engagierte Zeitzeugin, besichtigten wir unter ihrer Führung das gesamte Lager. Die Besichtigung des Museums, die historischen Dokumente, viele Fotos und Erzählungen sowie die Überreste des Lagers – wie der Galgen und das Krematorium – ließen uns die Grausamkeit der NS-Zeit in bedrückender Weise spüren. Es war eine Erfahrung, die uns sprachlos und sehr nachdenklich machte.
Einen Kontrast dazu bot der anschließende Besuch der Altstadt von Straßburg. In kleinen Gruppen erkundeten wir die malerischen Gassen und konnten durch die bereits weihnachtliche Atmosphäre für einen Moment auf andere Gedanken kommen.
Nach der Rückkehr ins Begegnungszentrum erwartete uns nach dem Abendessen ein besonderes Highlight: Ein Vortrag von Herrn Levy, einem jüdischen Bewohner Niederbronns, der der Gruppe die Flucht und Vernichtung seiner Familie während des Holocausts schilderte. Die Erzählung war tief bewegend und ein eindrücklicher Abschluss eines ereignisreichen Tages.
Tag 3: Begegnungen in Bouxwiller und jüdische Kultur
Am dritten Tag starteten wir etwas später mit einem gemeinsamen Frühstück, bevor wir unsere Koffer packten und das Begegnungszentrum verließen. Unsere Reise führte uns in die Babenhäuser Partnerstadt Bouxwiller, wo wir von Vertretern der Stadt sowie von Lehrerinnen und Schülern des örtlichen Gymnasiums herzlich empfangen wurden. In der eindrucksvollen Schulbibliothek lernten wir französische Schüler und Schülerinnen in gemischten Gruppen kennen. Dabei fanden erste Gespräche und ein lebhafter Austausch über die unterschiedlichen Schulfächer statt. Besonders erfreulich war die Ankündigung der dortigen Schulleitung zu einem gemeinsamen Kunst- / Graffitiprojekt im kommenden Jahr, bei dem deutsche und französische Schüler mit den jeweiligen Kunst-Fachschaften zusammenarbeiten sollen.
Nach diesem kurzen Besuch in der Schule, genossen wir noch unser Lunchpaket, bevor wir zum Jüdisch-Elsässische Museum in Bouxwiller aufbrachen. Dort führte Herr Levy uns durch die Ausstellung und vermittelte uns spannende Einblicke in die jüdische Geschichte, Kultur und spannende Traditionen.
Erschöpft, aber mit vielen neuen Eindrücken und Denkanstößen im Gepäck, traten wir am späten Nachmittag die Heimreise an und erreichten am Abend wohlbehalten unsere Schule.
Fazit der Reise:
Die Gedenkfahrt nach Niederbronn-les-Bains und Bouxwiller bot uns die einzigartige Gelegenheit, die Kombination von Erinnerungskultur und gelebter deutsch-französischer Freundschaft hautnah zu erleben. Die Begegnungen und die historischen Erfahrungen haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen.
Besonders hervorzuheben ist die Herzlichkeit der Begegnung in Bouxwiller und die Aussicht auf gemeinsame Projekte beider Schulen im kommenden Jahr. Diese Fahrt war nicht nur sehr lehrreich, sondern auch ein weiterer Schritt in Richtung einer lebendigen und nachhaltigen Partnerschaft der beiden Städte.